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Das Ende der arabischen Herrschaft in Spanien

Als am 2. Januar 1492 der Kardinal D. Pedro Gonzales de Mendoza das Kreuz auf die Alhambra, das rote Königsschloß der Naßriden, pflanzte, fand nicht nur die arabische Herrschaft über Spanien ihr Ende.

Hier in Granada war - während Cordoba, Valencia, Sevilla und die anderen Glieder des einstigen Reiches zerschlagen wurden - das Arabertum Andalusiens zu einer letzten, hohen Vollendung gereift. Mit seiner Herrschaft zugleich endete die großartigste und lebendigste Kultur, die der europäische Kontinent während des Mittelalters besessen, endeten die fortschrittlichste Zivilisation eines vorbildlich verwalteten Landes, der Wohlstand seiner Bevölkerung, der Reichtum seiner Städte, der Ertrag seiner Gewerbe und wichtigen Industrien, die Fruchtbarkeit des Bodens, die unvergleichlichen Kunstwerke und Denkmäler des "großen Denkens" ihrer Erbauer.

Acht Jahre noch hielt sich die christliche Siegermacht an die Verträge unter dem wohltätigen Einfluß des toleranten Erzbischofs Talavera, der die Araber bewunderte und eine hohe Meinung von ihnen besaß. Sein Ausspruch, den Arabern fehle der Glaube der Spanier, den Spaniern aber fehlten die guten Werke der Araber, um echte Christen zu sein, empfing - was die Einstellung zum Andersgläubigen betraf - bald eine traurige Bestätigung. Unter seinem Nachfolger Erzbischof Juan Ximinez versanken die Muslime und die Reste der blühenden Kultur in einem Meer von Schrecken, in dem die Wogen des religiösen Fanatismus alles verschlangen: auf jede Äußerung ihres Glaubens, auf jeden Gebrauch ihrer Sprache, auf jedes Wort, jedes Lied, jedes Spielen eines ihrer Instrumente, das Tragen ihres Familiennamens, ihrer Nationaltracht, den Besuch der Bäder standen Galeerenstrafen, Kerkerhaft, Vertreibung, ja Brennen am lebendigen Leibe. Was die erobernden Christen oder Berber von den Schätzen arabischer Wissenschaft und Dichtung noch nicht zerstört hatten, das wurde von den Häschern des Erzbischofs aus allen Bibliotheken und Verstecken hervorgezerrt und in riesigen Scheiterhaufen die Beute der Flammen. Nur ein paar medizinische Schriften erhielten Dispens. Ximinez' eigene Bewunderer triumphierten über eine Million fünfhunderttausend vernichtete Bände - sinnlos dem Haß geopferte Früchte von achthundert Jahren geistigen Schaffens!