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Cordoba

Als "Stadt der Städte" galt dem Andalusier Cordoba. Weit an seinen grünen Ufern hingedehnt mit ihren achtundzwanzig Vorstädten, war sie zur Zeit Abd ar-Rahmans des Großen um die Mitte des zehnten Jahrhunderts schon der bebauten Fläche nach die größte Stadt des Westens einschließlich des gesamten Europas. Außer den Wohnungen der Wesire und Beamten besaß Cordoba 113 000 Wohnhäuser, 600 Moscheen, 300 Bäder, 50 Hospitale, 80 öffentliche Schulen, 17 höhere Lehranstalten und Hochschulen (die im neunten Jahrhundert durchschnittlich allein 4000 Studenten der Theologie vereinten) und 20 öffentliche Bibliotheken, die Hunderttausende von Büchern enthielten - in einer Zeit, in der keine Stadt Europas außer Konstantinopel mehr als 30 000 Einwohner zählte, keine Gemeinde ein Krankenhaus oder eine höhere Schule besaß, nirgends eine nur nennenswerte Bibliothek oder gar ein öffentliches Bad sich befand. In einer Zeit, in der die Straßen der Städte ungepflastert und mit schwimmenden Abfall und Kot höchst unhygienisch waren. Und während es geschehen konnte, daß noch die "Kölnische Zeitung" vom 28. März 1819 die Beleuchtung der Straßen durch Gaslaternen als "aus theologischen Gründen verwerflich" anprangerte, "da die göttliche Ordnung und Finsternis nicht vom Menschen zerstört werden darf", waren Cordobas Straßen, auf die insgesamt 80 000 Läden mündeten, um 950 nicht nur höchst fortschrittlich gepflastert und regelmäßig durch Ochsenkarren gereinigt, sondern auch des Nachts von Laternen erhellt, die an den Hauswänden befestigt waren. Erst zweihundert Jahre später, 1185, schloß als erste Stadt des Abendlandes Paris sich dem arabischen Vorbild wenigstens in der Straßenpflasterung an, ein Beispiel, das im übrigen Europa erst Mitte des 13. Jahrhunderts Schule machte, wo endlich jetzt, wenn auch nur vorrübergehend, die stehenden Mistpfützen durch besondere Gossen abgeleitet wurden.

Sicher ist dies wie manch anderes Vorbild, das dem Abendland zum Nutzen gereichte, nicht ferngesendet, sondern durch Reisende von Fleisch und Blut über die Pyrenäen nach Europa getragen worden, obwohl man durchaus nicht wahrhaben will, daß Christen sich im Lande der Schwarzkünstler und Magier aufgehalten haben, um nicht eine Abhängigkeit von den Arabern eingestehen zu müssen. Und sicher waren es keine Visionen, die der gelernten Nonne und Dichterin Hroswitha in der Zelle des sächsischen Klosters Gandersheim ausführliche Kunde gegeben und sie zu dem Preislied auf Cordoba hingerissen haben, "die helle Zierde der Welt, die junge herrliche Stadt, stolz auf ihre Wehrkraft, berühmt durch ihre Wonnen, die sie umschließt, strahlend im Vollbesitz aller Dinge".

Nicht nur die Juden, die eine große Aufgabe als Vermittler arabischer Kultur nach Europa erfüllt haben, auch Christen hat der Ruf des gesegneten Landes, der sehenswürdigen Weltstädte Cordoba und Toledo und ihrer hohen Stätten der Weisheit angezogen. Während der Umaiyadenherrschaft, zwischen dem achten und elften Jahrhundert, "strömten" - sagt Ibn al-Hidschari - "Studenten von allen Teilen der Welt in Andalusien zusammen, um die Wissenschaften zu erlernen, für die Cordoba der edelste Speicher war".