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Die Entwicklung des islamischen Rechts

Eine grundlegende Forderung der islamischen Gesellschaft ist die gemäß dem Gesetz Gottes gestaltete soziale Ordnung. Eine Trennung von weltlicher und geistlicher Gesetzgebung gibt es nicht.

Der Kalif hat also die Aufgabe, das Gesetz im einzelnen richtig anzuwenden. Nun ist dies aber eine Frage der Fähigkeit, den Koran richtig auszulegen. Praktisch heißt das, daß der Kalif mit der `ilm, der Wissenschaft, in enger Verbindung stehen muß.

Die Gesamtheit des Gesetzes heißt schari`a. Die Gelehrten, die sich damit befassen, heißen `ulama' (Plural von `alim). Diejenigen, die sich mehr mit einzelnen Fällen auseinandersetzen (der Praxis also) heißen fuqaha' (Plural von faqih). Der Gegenstand dieser Lehre heiß fiqh, häufig mit "Recht" übersetzt.

Die Richter hießen qadi. Bei der Vielzahl der Probleme konnten sie anfangs nur ihre persönliche Meinung (ra'y) aussprechen. Bald fing man an, den Konsens von Rechtsgelehrten zu suchen (ijma`). Dieser hatte jedoch nicht die Autorität wie beispielsweise die Beschlüsse der Konzile der katholischen Kirche.

In erster Linie wurde natürlich der Koran (qur'an) selbst herangezogen. Daneben gab es den Hadith, dessen Bedeutung schnell wuchs. Dies waren Überlieferungen von Aussprüchen und Handlungsweisen Muhammads von seinen Gefährten.

Eine weitere Methode der Erkenntnisfindung war der Analogieschluß, der qiyas. Beide Methoden der persönlichen Meinung, also der ra'y und der qiyas wurden unter dem Begriff ijtihad (Anstrengung) zusammengefaßt. Die Pforte des ijtihad wurde später geschlossen, also nicht mehr für gültig akzeptiert.

Mit der Zeit der Abbasiden begannen sich "Schulen" (madhab) herauszubilden. Im elften Jahrhundert bildeten sich vier sunnitische Schulen heraus: die Hanafiten, die Malikiten, die Safi`ten und die Hanbaliten. Die Bezeichnungen gehen auf die Lehrer zurück, die diese Schulen geprägt haben.

In schwierigen Fällen wurde ein Rechtsgelehrter (mufti) konsultiert, der ein Gutachten (fatwa) erstellen mußte.